E-Books in der Wissenschaft
Die Wissenschaft mag dagegen halten: Ist es nicht gerade hier wichtig, schnellen, einfachen und problemlosen Zugang zu wissenschaftlicher Literatur zu haben? E-Books sind heute problemlos im Internet zu kaufen, sie sind sofort per Download verfügbar und die zunehmende Qualität der Reader macht das Lesen komfortabel.
Was jedoch, wenn der Shop-Anbieter des E-Book-Readers ein benötigtes Werk nicht oder nicht im notwendigen Format liefern kann? Dann bleibt doch nur die Möglichkeit, das gedruckte Buch über eine Buchhandlung zu erwerben oder sich doch irgendwie einen Anbieter zu suchen, der das richtige Werk für das entsprechende Endgerät mit den korrekten Formaten und Funktionen anbietet. Und gekaufte Bücher verraten dem Verlag oder dem Handel auch nicht, wie oft oder welche Stellen eines E-Books gelesen werden.
E-Books der neuesten Generation übermitteln nämlich Daten über das Leseverhalten zurück an Verlage und Autoren. So weiß der Verlag, welche Seiten gelesen wurden, wieviel Seiten pro Stunde gelesen werden – und ob z.B. ein Nachfolgeband geordert wird oder nicht. Auch um wieviel Uhr der E-Book-Reader in die Hand genommen wird, wo der Leser besonders lange verweilt oder was er überfliegt, wird dem Verlag mitgeteilt. Lara Fritzsche von der Süddeutschen Zeitung [SZ-Magazin 31:2013] verweist darauf, wenn sie darauf hinweist, dass mit dem E-Book die Intimität des Lesens verloren geht: „Nur der bekam sie (Markierungen und Notizen, d.V.) zu sehen, dem man das Buch lieh. Sonst niemand“. Das E-Book teilt die Leseergebnisse mit seinem Verlag – ob man das mag?
Natürlich kann man auch den Weg über eine Bibliothek gehen. Aber wie wirken denn Bibliotheken auf den Leser und Literaturfreund, wenn man dort keine gefüllten Bücherregale mit großer, fachübergreifender Literatur vorfindet, sondern nur noch die kleinen Tablets an fast leeren Tischen? Zudem erwerben Bibliotheken oft auch nur einzelne Lizenzen für E-Books, jedoch nie wirklich das Buch an sich, so dass man sich für wichtige Notizen dann doch wieder Ausdrucke anfertigen muss. Denn die Gestaltungsmöglichkeiten, die ein Printexemplar bietet, sind eben doch vielfältig und flächendeckend einsetzbar. Sogar eigentlich veraltete Druckmethoden kommen aufgrund der Haptik des so gefertigten Drucks wieder auf den Markt und erfreuen bibliophile Liebhaber mit erfrischend neuen Designs auf alten Druckmaschinen.
Arbeitet man nicht besser mit einem Buch, in dem man die Anlage mit wichtigen Tabellen o.ä. auch während des gesamten Lesens rausnehmen kann? Text ist so oftmals leichter zu verstehen als die Anlage im E-Book, zu der man erst gelangt, wenn man eigentlich schon mit dem Lesen fertig ist. Farben, Formen und die anschauliche Gestaltung sowie die zwingende Präsenz von Bildern und stabile Formen machen das Lesen gedruckter Bücher doch einfacher und anschaulicher als nur die eingeschränkte Gestaltungen in E-Books, die dadurch entstehen, dass man das Buch an bestimmte Formatvorlagen, Pixel und Funktionen des Endgeräts anpassen muss.
Es wirkt sich eben doch oft auf das Leseverhalten aus, ob man digitale oder gedruckte Werke liest, stundenlang auf einen mehr oder weniger erleuchteten Bildschirm schaut anstatt gedruckte Seiten umzublättern und nach und nach zu lesen. Da man heutzutage sowieso schon fast den ganzen Tag auf Bildschirme starrt, kann es doch gerade für unsere Augen auch mal ganz erholsam sein, einfach nur beschriebenes Papier vor sich zu haben und das Lesen zu genießen, vielleicht sogar zu entspannen, auch wenn es sich mal um anspruchsvolle, wissenschaftliche Literatur handelt.