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13.09.2017

E-Book oder Print?

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Das Zeitalter der Digitalisierung beeinflusst zunehmend auch den weltweiten Buchmarkt. Kann die Digitale Form der Bücher tatsächlich eine, über Jahre hinweg bewährte Form der Wissensvermittlung ersetzen?




Hardcopy oder eBook?


Das Zeitalter der Digitalisierung beeinflusst zunehmend auch den weltweiten Buchmarkt. E-Book-Reader, Datei-Formate und die vermeintlich kostengünstige Verbreitung von „Lesefutter“ über das Internet bestimmen die Diskussion, und obwohl sie nur in Bits und Bytes vorliegen, bezeichnen wir E-Books ebenso wie das gedruckte Buch doch als Bücher. Aber welche Form des Buches ist eigentlich vorteilhafter? Die digitalen Formen der Bücher sind mittlerweile keine Neuheit mehr und nehmen immer weiter zu – was aber nicht bedeutet, dass die gedruckte Version von Büchern ein abnehmender Zweig auf dem internationalen Buchmarkt ist.



Die Entwicklungsgeschichte


Denn der Buchdruck ist eine seit über 560 Jahren erprobte Technologie. Zwar gab es bereits im 8. Jahrhundert in Ostasien gedruckte Werke im sogenannten Blockdruck [Bhattacharjee, Edda:Wissenschaft & Praxis 2001], bei dem einzelne Seiten vollständig in einem hölzernen Druckstock geschnitten wurden. Doch erst viele Jahrhunderte später erfand Johannes Gutenberg [Agnes Hooper Gottlieb e.a.:Kodansha 1998] um 1450 in Mainz den neuzeitlichen Buchdruck mit auswechselbaren Lettern, der eine schnelle Erstellung größerer Auflagen ermöglichte. In wenigen Jahrzehnten verbreitete sich der Buchdruck zunächst in Europa, danach weltweit und wurde bis in die letzten beiden Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts die einzige Technologie, die sich im Ursprung tatsächlich auf einen Erfinder zurückführen lässt. Die Auswirkungen dieser Erfindung sind zudem unschätzbar, denn erst die Drucktechnik ermöglichte die Verbreitung von Ideen und Gedanken, die bis heute die Welt verändern [Giesecke, Michael:Suhrkamp 1991].

Dagegen ist die Geschichte des E-Books deutlich kompakter. Im Jahr 1988 wurde das erste kommerzielle elektronische Buch veröffentlicht, das sich vollständig am Computer lesen ließ – also gerade einmal knapp dreißig Jahre her. Etabliert haben sich E-Books jedoch erst seit Anfang des 21. Jahrhunderts, mit bis vor kurzem starkem jährlichem Anstieg. Denn in Großbritannien und in den USA stagniert der digitale Büchermarkt seit geraumer Zeit – und die Zeiten des großen Anstiegs sind in Deutschland offenbar auch vorbei. Mehr als 5-10% Marktanteil, je nach Umfrage, hat der E-Book-Markt bisher nicht erreicht. Das gedruckte Buch scheint also nicht das Schicksal der Schallplatte zu teilen.

Denn besonders die Generation der Digital Natives oder Millenials schätzt nach einer Studie des US-amerikanischen Pew Research Centers die gedruckte Version eines Buches immer noch mehr als ein E-Book[Pew Research Center:2014]. Die Gründe hierfür sind meistens gar nicht schwer zu beschreiben. Zum einen hat man bei Print-Exemplaren wirklich etwas in der Hand, man kann das Material anfassen und gemütlich auf dem Sofa lesen.  Zum anderen bieten gedruckte Bücher die Möglichkeit, auch wirklich zu sehen, was und wie viel man eigentlich schon gelesen hat, schaut man sich das gut gefüllte Bücherregal an. Macht es nicht einen anderen, vielleicht sogar besseren Eindruck, wenn im Büro des Professors große Ansammlungen an gedruckten Werken im Regal stehen als nur das kleine, pragmatische E-Book, das auf dem Schreibtisch liegt? Sagt es nicht vielleicht auch etwas über die Persönlichkeit eines universellen Menschen aus, wenn man sieht, welche Literatur diesen beschäftigt und mit welchen Fachbereichen sich eine Person befasst?

Anhand einer norwegischen Studie aus dem Jahr 2013 [Mangen, Angen:Stavanger 2013] wurde bewiesen, dass Gedrucktes die Verständlichkeit von Informationen fördert. Zwei Studentengruppen erhielten den gleichen wissenschaftlichen Lesetext, jedoch in verschiedenen Formen. Die erste Gruppe erhielt den Text  ganz normal in gedruckter Form auf Papier. Die andere Gruppe durfte die digitale Form des Textes auf einem E-Book-Reader lesen. Beide Gruppen bearbeiteten anschließend einen Verständnistest, wobei sich herausstellte, dass die Personengruppe mit dem gedruckten Text eindeutig besser abschnitt als die Gruppe, die den digitalen Text gelesen hatte. Offenbar lesen Menschen Bücher in altbewährter Form aufmerksamer und effizienter, weil sie wirklich das in der Hand halten, womit sie sich beschäftigen, was eine 2017 erschienene Studie von Meldina Martin Beltran e.a. [Universtity of Maryland:2017] aus den USA bestätigen konnte. Offenbar wird ein gedrucktes Buch auch für wichtiger genommen als ein E-Book.



E-Books in der Wissenschaft


Die Wissenschaft mag dagegen halten: Ist es nicht gerade hier wichtig, schnellen, einfachen und problemlosen Zugang zu wissenschaftlicher Literatur zu haben? E-Books sind heute problemlos im Internet zu kaufen, sie sind sofort per Download verfügbar und die zunehmende Qualität der Reader macht das Lesen komfortabel.

Was jedoch, wenn der Shop-Anbieter des E-Book-Readers ein benötigtes Werk nicht oder nicht im notwendigen Format liefern kann? Dann bleibt doch nur die Möglichkeit, das gedruckte Buch über eine Buchhandlung zu erwerben oder sich doch irgendwie einen Anbieter zu suchen, der das richtige Werk für das entsprechende Endgerät mit den korrekten Formaten und Funktionen anbietet. Und gekaufte Bücher verraten dem Verlag oder dem Handel auch nicht, wie oft oder welche Stellen eines E-Books gelesen werden.

E-Books der neuesten Generation übermitteln nämlich Daten über das Leseverhalten zurück an Verlage und Autoren. So weiß der Verlag, welche Seiten gelesen wurden, wieviel Seiten pro Stunde gelesen werden – und ob z.B. ein Nachfolgeband geordert wird oder nicht. Auch um wieviel Uhr der E-Book-Reader in die Hand genommen wird, wo der Leser besonders lange verweilt oder was er überfliegt, wird dem Verlag mitgeteilt. Lara Fritzsche von der Süddeutschen Zeitung [SZ-Magazin 31:2013] verweist darauf, wenn sie darauf hinweist, dass mit dem E-Book die Intimität des Lesens verloren geht: „Nur der bekam sie (Markierungen und Notizen, d.V.) zu sehen, dem man das Buch lieh. Sonst niemand“. Das E-Book teilt die Leseergebnisse mit seinem Verlag – ob man das mag?


Natürlich kann man auch den Weg über eine Bibliothek gehen. Aber wie wirken denn Bibliotheken auf den Leser und Literaturfreund, wenn man dort keine gefüllten Bücherregale mit großer, fachübergreifender Literatur vorfindet, sondern nur noch die kleinen Tablets an fast leeren Tischen? Zudem erwerben Bibliotheken oft auch nur einzelne Lizenzen für E-Books, jedoch nie wirklich das Buch an sich, so dass man sich für wichtige Notizen dann doch wieder Ausdrucke anfertigen muss. Denn die Gestaltungsmöglichkeiten, die ein Printexemplar bietet, sind eben doch vielfältig und flächendeckend einsetzbar. Sogar eigentlich veraltete Druckmethoden kommen aufgrund der Haptik des so gefertigten Drucks wieder auf den Markt und erfreuen bibliophile Liebhaber mit erfrischend neuen Designs auf alten Druckmaschinen.

Arbeitet man nicht besser mit einem Buch, in dem man die Anlage mit wichtigen Tabellen o.ä. auch während des gesamten Lesens rausnehmen kann? Text ist so oftmals leichter zu verstehen als die Anlage im E-Book, zu der man erst gelangt, wenn man eigentlich schon mit dem Lesen fertig ist. Farben, Formen und die anschauliche Gestaltung sowie die zwingende Präsenz von Bildern und stabile Formen machen das Lesen gedruckter Bücher doch einfacher und anschaulicher als nur die eingeschränkte Gestaltungen in E-Books, die dadurch entstehen, dass man das Buch an bestimmte Formatvorlagen, Pixel und Funktionen des Endgeräts anpassen muss.

Es wirkt sich eben doch oft auf das Leseverhalten aus, ob man digitale oder gedruckte Werke liest, stundenlang auf einen mehr oder weniger erleuchteten Bildschirm schaut anstatt gedruckte Seiten umzublättern und nach und nach zu lesen. Da man heutzutage sowieso schon fast den ganzen Tag auf Bildschirme starrt, kann es doch gerade für unsere Augen auch mal ganz erholsam sein, einfach nur beschriebenes Papier vor sich zu haben und das Lesen zu genießen, vielleicht sogar zu entspannen, auch wenn es sich mal um anspruchsvolle, wissenschaftliche Literatur handelt.




Vorteile von Printveröffentlichungen


Natürlich sind E-Books platzsparender und meist auch günstiger als gedruckte Werke. Dennoch werden sie in naher Zukunft keinen größeren Stellenwert am Markt erreichen als „echte“ Bücher:

  • der Griff ins Buchregal geht schneller als die Suchfunktion des digitalen Mediums
  • Nachschlagen und Markieren geht schneller
  • persönliche Notizen können ohne Onlineverfügbarkeit jederzeit gemacht werden, sind ohne Strom zu erstellen und zu gebrauchen
  • kein Kopierschutz und Wasserzeichen
  • keine Lizenzbeschränkungen
  • Barriere, Netz- und und ladeunabhängig
  • immer verfügbar
  • weiße Veröffentlichung mit ISBN – Impact-Punkte sammeln
  • stoß- und Feuchtigkeitsunempfindlich

Der emotionale Wert:

  • Der Geruch des Papieres und das Gefühl, etwas Richtiges in der Hand zu halten
  • Die ansprechende Gestaltung gerade bei Sonderausgaben etwa mit Prägung, hochqualitativen Bildern, großen Formaten usw. steigert den  Lesegenuss und lassen das Buch gleichzeitig hochwertiger erscheinen.


Literaturhinweise


  1. Bhattacharjee, Edda: Bi Sheng und Gutenberg und die beweglichen Lettern, in: Information – Wissenschaft & Praxis, 2001, Bd. 52, No. 1, pp. 37 – 40. DGI e.V., Frankfurt am Main, ISSN 1434-4653
  2. Agnes Hooper Gottlieb, Henry Gottlieb, Barbara Bowers, Brent Bowers: 1,000 Years, 1,000 People. Ranking The Men and Women Who Shaped The Millennium. Kodansha International, New York NY u. a. 1998, ISBN 1-56836-253-6
  3. Michael Gieseke: Der Buchdruck in der frühen Neuzeit. Eine historische Fallstudie über die Durchsetzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1991. (Gebundene Ausgabe; Taschenbuchausgabe 1998, Neuauflage März 2005.) ISBN 3-51828-957-8
  4. http://www.ebooknet.de/2009/die-geschichte-der-ebooks-teil-1
  5. http://www.pewinternet.org/2014/09/10/younger-americans-and-public-libraries/
  6. https://www.researchgate.net/publication/256563189_Reading_linear_texts_on_paper_versus_computer_scr...
  7. http://www.spektrum.de/news/bits-und-bytes-statt-buchregal/1211519
  8. Using digital texts vs. paper texts to read together: Insights into engagement and mediation of literacy practices amonglinguistically diverse students. Melinda Martin-Beltrán*, Johanna M. Tigert, Megan Madigan. University of Maryland Aug. 2017
  9. http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/40237/Dein-Buch-liest-dich
  10. http://knows-magazin.de/letterjazz-buchdruck-oldtimer-drucken-modernes-design/