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Im deutschen Recht ist der Irreführungsschutz bei gesundheitsbezogenen Angaben
in § 11 LFGB geregelt. Wegen des damit verbundenen Gesundheitsschutzes
werden strenge Anforderungen an die Klarheit und Wahrheit einer
Angabe gestellt. Für krankheitsbezogene Angaben gilt gem. § 12 LFGB ein
absolutes Verbot, d. h. solche Angaben sind unabhängig davon verboten, ob
eine Irreführungsgefahr vorliegt.
Im europäischen Recht ist der allgemeine Irreführungsschutz in der Irreführungsrichtlinie
bzw. der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken sowie in
der Etikettierungsrichtlinie geregelt. Nach Art. 2 EtRL sind gesundheitsbezogene
Angaben grundsätzlich erlaubt, während krankheitsbezogene Angaben
einem absoluten Verbot unterworfen sind. Damit entspricht die Regelung der
des deutschen Rechts.
Während die Irreführungsrichtlinie lediglich Mindeststandards aufstellt, begründet
die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken auch Höchststandards
eines Irreführungsschutzes. Strengeres nationales Recht ist im Regelungsbereich
der Irreführungsrichtlinie – Irreführungsschutz des Verbrauchers
daher unzulässig.
Durch die neuen Regelungen der Health-Claims-Verordung werden strengere
Maßstäbe an die Zulässigkeit gesundheitsbezogener Angaben gestellt. Dagegen
sind Angaben bezüglich der Verringerung eines Krankheitsrisikos – abweichend
von Art. 2 lit. b EtRL – unter bestimmten Umständen erlaubt.
Im Gegensatz zur bisherigen europäischen Rechtsprechung im Bereich des
Irreführungsschutzes stellt die Health-Claims-Verordnung hohe Anforderungen
an die Klarheit und Wahrheit von Werbeaussagen. Abweichend von dem
durch die europäische Rechtsprechung entwickelten Verbraucherleitbild werden
strenge Maßstäbe an die Eindeutigkeit und Verständlichkeit gesundheitsbezogener
Aussagen gestellt. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung einer gesundheitsbezogenen
Angabe bleiben die Angaben im Zutatenverzeichnis au
ßer Betracht. Wirkt eine gesundheitsbezogene Angabe irreführend, so reicht
es nicht aus, wenn der Verbraucher erst anhand des Zutatenverzeichnisses
über die tatsächliche Zusammensetzung eines Lebensmittels und dessen gesundheitlichen
Nutzen aufgeklärt wird. Eine relevante Irreführungsgefahr liegt
dennoch vor.
Absolute Verbote sind sowohl nach der europäischen als auch nach der deutschen
Rechtsprechung grundsätzlich unzulässig. Denn sie verstoßen gegen
die Warenverkehrsfreiheit sowie gegen die Meinungs- und Berufsfreiheit des
Unternehmers. Daher müssen die im deutschen Recht sowie in der Health-
Claims-Verordnung geregelten absoluten Verbote restriktiv ausgelegt werden.
Bestehende absolute Verbote sind im Wege einer teleologischen Reduktion
dahingehend auszulegen, dass eine konkrete Irreführungsgefahr vorliegen
muss. Nur in Ausnahmefällen sind wegen einer besonderen Gesundheitsoder
Irreführungsgefahr absolute Verbote erlaubt.
Die im deutschen Recht in § 11 LFGB und § 5 UWG i. V. mit § 3 UWG enthaltenen
unbestimmten Rechtsbegriffe sind im Sinne der nunmehr geltenden Regelungen
der Health-Claims-Verordnung auszulegen. Deshalb sind strengere
Anforderungen an die Klarheit und Wahrheit gesundheitsbezogener Angaben
zu stellen. Hierbei sind die nachfolgend unter 8. aufgeführten Punkte zu berücksichtigen.
Die Health-Claims-Verordnung setzt im Gegensatz zur bisherigen europäischen
Rechtsprechung strenge Maßstäbe an den Irreführungsschutz des
Verbrauchers:
Alkoholische Getränke und Lebensmittel mit einem ungünstigen Nährwertprofil
dürfen nicht mehr mit gesundheitsbezogenen Angaben beworben werden.
Im Hinblick auf Art. 4 Abs. 2, Abs. 3 UAbs. 2 HCVO sind lediglich nährwertbezogene
Angaben erlaubt.
Werden gesundheitsbezogene Angaben verwendet, sind zahlreiche zusätzliche
Kennzeichnungsregelungen zu beachten. Gem. Art. 7 HCVO ist eine
Nährwertkennzeichnung vorgeschrieben. Darüber hinaus muss die Kennzeichnung
die in Art. 10 Abs. 2 HCVO aufgeführten Informationen enthalten.
Unspezifische Angaben sowie Markennamen werden in Art. 10 Abs. 3, Art. 1
Abs. 3 HCVO strengeren Regelungen unterworfen. Sie sind nur zulässig,
wenn eine zusätzliche spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist.
Die Regelungen der Health-Claims-Verordnung weichen vom bisherigen europäischen
Verbraucherleitbild ab. Nach der europäischen Rechtsprechung
sind Kennzeichnungsregelungen ausreichend, um den Verbraucher vor Irreführung
zu schützen, da er die Möglichkeit hat, anhand des Zutatenverzeichnisses
die Zusammensetzung eines Lebensmittels zu entnehmen. Diese
Rechtsprechung ist nicht mehr auf die Irreführungsverbote im Bereich gesundheitsbezogener
Angaben anzuwenden.
Nach Art. 10 Abs. 1 HCVO sind nur solche gesundheitsbezogene Angaben
zulässig, die in einer Gemeinschaftsliste (Positivliste) eingetragen sind.
Das Erfordernis eines behördlichen Zulassungsverfahrens stellt einen unverhältnismäßigen
Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit dar, der nicht aus Gründen
des Verbraucherschutzes gerechtfertigt werden kann. Vielfach wird die
Health-Claims-Verordnung wegen dieser strengen Anforderungen an die Zulässigkeit
gesundheitsbezogener Angaben kritisiert und als gemeinschaftsrechtswidrig
angesehen.
ISBN-13 (Printausgabe) | 3867276080 |
ISBN-13 (Printausgabe) | 9783867276085 |
ISBN-13 (E-Book) | 9783736926080 |
Sprache | Deutsch |
Seitenanzahl | 200 |
Auflage | 1 |
Band | 0 |
Erscheinungsort | Göttingen |
Promotionsort | Osnabrück |
Erscheinungsdatum | 03.06.2008 |
Allgemeine Einordnung | Dissertation |
Fachbereiche |
Rechtswissenschaft
|
Schlagwörter | Lebensmittelrecht, Health-Claims-Verordnung, gesundheitsbezogene Angaben. |