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Als im März 2009 das Kölner Stadtarchiv einstürzte, war dies nicht nur ein schwerer Verlust für die Stadt Köln, sondern auf Grund der besonderen Reichhaltigkeit gerade der mittelalterlichen Bestände auch weit darüber hinaus. Was nicht endgültig verloren ist, wird zumindest auf sehr lange Zeit der Benutzung entzogen sein.
So ist es eine glückliche Fügung, dass die Archivarbeiten zu dem vorliegenden Buch von Cybele Crossetti de Almeida vor dieser Katastrophe durchgeführt werden konnten. Drei führende Kölner Familien, die Hirtze, Dauwe und Wasservasse, stehen im Mittelpunkt, wobei insgesamt durch ihre Verbindungen zu ihnen weitere 23 Familien in den Blick kommen. Ihr Werden und Wirken werden exemplarisch für drei Familientypen der Kölner Machteliten analysiert, die in der Zeit zwischen zwei für die kölnische Verfassung wichtigen Wendejahren, der Revolution von 1396 und dem Aufstand von 1512/13, die Geschicke der Stadt gelenkt haben. Für diese Periode wurden neben anderen Quellen vor allem Schreinsbücher ausgewertet, die nicht nur als eine Art Vorläufer von Grundbüchern, Immobilienbesitz und damit zusammenhängende Transaktionen dokumentieren, sondern auch eine wesentliche Quelle zur Personengeschichte darstellen. Wie gelingt es wirtschaftlichen und politischen Einfluss zu gewinnen, zu sichern und dauerhaft für die Familie zu bewahren? Dies sind zentrale Fragen dieses so noch nicht geleisteten prosopographischen Zugriffs auf Kölner mittelalterliche Eliten und damit ein wichtiger Beitrag zur Kölner mittelalterlichen Sozialgeschichte.
Prof. em. Dr. Neithard Bulst
Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie
Universität Bielefeld
Die der Arbeit zugrundeliegenden Genealogien finden Sie hier:
https://cuvillier.de/uploads/cms_file/cms_file/358/Genealogien_K_lner_F_hrenden_Familien_Cybele.pdf
ISBN-13 (Printausgabe) | 9783954049660 |
ISBN-13 (E-Book) | 9783736949669 |
Sprache | Deutsch |
Seitenanzahl | 414 |
Auflage | 1. Aufl. zzgl. CD |
Erscheinungsort | Göttingen |
Promotionsort | Bielefeld |
Erscheinungsdatum | 24.03.2015 |
Allgemeine Einordnung | Dissertation |
Fachbereiche |
Mittelalterliche Geschichte
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Schlagwörter | Führungsschicht, Kölner Familien, Prosopographie, Spätmittelalter |
URL zu externer Homepage | https://cuvillier.de/uploads/cms_file/cms_file/358/Genealogien_K_lner_F_hrenden_Familien_Cybele.pdf |
"Die Bielefelder Diss. von 2008 untersucht v. a. auf Basis der Kölner Schreinsbücher die politischen Karrieren und die wirtschaftlichen Aktivitäten der Mitglieder dreier Kölner Familien zwischen dem ausgehenden 14. und dem beginnenden 16. Jh. Schlüsseldaten bilden die Jahre 1396 mit der Formulierung des „Verbundbriefes“ als Grundlage einer neuen Verfassungsordnung sowie 1513 mit dem „Transfixbrief“, der ersten schriftlichen Ergänzung des Verbundbriefes. Ausgewählt wurden eine patrizische Familie, die ihre politische Bedeutung in die neue Ordnung hinüberretten konnte (Hirtze), eine Familie, die bereits vor 1396 politisch aktive Mitglieder hatte, aber erst danach in den Rat gelangte (Dauwe), sowie eine Familie, die im 15. Jh. aufstieg (Wasservasse). In drei Kapiteln werden Karrierebedingungen und -muster, Heiratsverbindungen und soziale Netzwerke sowie die wirtschaftlichen Ressourcen der Familien thematisiert.
Die Arbeit geht eher deskriptiv als analytisch vor und bietet v. a. eine prosopographische Materialsammlung mit zahlreichen biographischen Skizzen nebst Datensätzen zu etwa 100 Kölnern auf der beigefügten CD ROM. Ein methodisch und begrifflich stringenteres Vorgehen hätte den Ausführungen genützt, etwa durch eine Darlegung der Quellenstrukturen oder durch Überlegungen zu Begriffen wie „Prestige“ und „Macht“ – warum weniger einflussreiche Ratsherren, die nicht Bürgermeister wurden, lediglich eine „Illusion von
Macht“ (S. 84) erlebt haben sollen, erschließt sich nicht. Im einzelnen kann die Vf. zeigen, dass „Hinaufheiraten“ den neuen Familien nicht zum gesellschaftlichen Aufstieg verhalf. Vielmehr heirateten sie erst ins (noch immer angesehene)alte Patriziat ein, als ihre Position bereits gefestigt war. Patrizische Familien erweiterten ihre Optionen durch Verbindungen mit neuen Familien erst dann, wenn diese Zugang zu Macht und Einfluss versprachen. Mit Recht stellt die Vf. die oft zu lesende Ansicht in Frage, dass 1396 ein adelsähnlich auftretendes Patriziat im Rat von einer wirtschaftlich aktiven Kaufmannschaft abgelöst war den sei. Auch die Ratsherren der neuen Ordnung erlangten ihre „Abkömmlichkeit“ v. a. durch „arbeitsfreies“ Einkommen als stille Teilhaber, Rentiers oder Bankiers: „Die neue Kölner Führungsschicht hatte viel gemeinsam mit dem alten Patriziat, da beide Gruppen den Adel als Vorbild nahmen“ (S. 328). Freilich greifen manche Ausführungen zum wirtschaftlichen Hintergrund zu kurz, wenn etwa die Bestimmung von Kindern für die geistliche Laufbahn
einseitig als Strategie zur Bewahrung des familiären Vermögens gedeutet wird und Aspekte wie familiäre Memoria und Platzierung in angesehenen Klöstern
zu kurz kommen. Grundlegend neue Erkenntnisse bietet die Untersuchung nicht, doch finden sich interessante Einzelbeobachtungen und Ansatzpunkte für weitere Forschungen, etwa zu den nur ansatzweise beschriebenen Freundschafts- und Klientelverbindungen der Ratsherren."
Letha Böhringer, Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters Band 72-2 (2016)