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Die Beamten der „Geheimen Feldpolizei“ (GFP), mehrheitlich von der Kriminalpolizei und zu einem geringeren Teil von der Gestapo zur Wehrmacht abgeordnete Beamte, durften im ganz oder teilweise im Reichgebiet liegenden Gebiet nur in Verbindung mit der örtlich zuständigen Gestapo-Stelle tätig werden, während sie in dem von der Wehrmacht und deren Verbündeten rückwärtigen okkupierten Operationsraum nach der H. Dv. 150 (geheim) vom 24. Juli 1939 als militärische Polizeieinheit dem Abwehroffizier des jeweiligen AOK unterstellt und an dessen Weisungen gebunden waren. In diesem Einsatzgebiet war der GFP unter anderem auch die Partisanenbekämpfung zugewiesen worden.
Die GFP war ebenso wie die Wehrmacht nach 1945 durch das „Internationale Militärtribunal“ (IMT) entgegen des russischen Vertreters nicht als ´verbrecherische Organisation´ eingestuft worden, obwohl deren Einheiten oder Angehörigen insbesondere auf dem besetzten sowjetischen Gebiet Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit wegen der widerrechtlichen Erschießung von Zivilisten, auch von Juden, und Kriegsfangenen nachgewiesen werden konnten. Außerdem waren sie erwiesenermaßen auch in Belgien, Frankreich, den Niederlanden, auf dem Balkan, in Griechenland und Italien an der Deportation von Juden und an Geiselerschießungen als Sühnemaßnahme beteiligt. Zudem setzte die GFP als Abwehrpolizei der Wehrmacht im Kriegsgebiet anlässlich von Inhaftierungen und bei Vernehmungen der einheimischen Bevölkerung grundsätzlich Gewalt und Folterpraktiken ein. Allein in der Sowjetunion dürften nach Auswertung der noch existierenden Tätigkeitsberichte der GFP und Meldungen militärischer Dienststellen durch GFP-Einheiten selbst oder im Zusammenwirken mit militärischen oder anderen polizeilichen und SS-Kräften einige zehntausend einheimische Zivilisten, Juden und Kriegsgefangene ausschließlich durch Exekutionen ums Leben gekommen sein; vollständige statistische Unterlagen liegen hierzu nicht mehr durchgängig vor.
Die von 1958 durch die ´Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen´ in Ludwigsburg und Staatsanwaltschaften der BRD bis in die 1990er Jahre geführten Ermittlungen gegen ehemalige GFP-Beamte hatten in keinem Fall eine Verurteilung zur Folge, während in der ehemaligen DDR fünf von ihnen in den 1970er Jahren zu lebenslangen Freiheitsstrafen und in einem Fall zum Tode verurteilt wurden; die Todesstrafe wurde auch vollstreckt.
Dies hatte in der BRD in den 1950er Jahren zur Folge, dass ehemalige GFP-Führungskräfte bei Nachrichtendiensten und der Polizei wieder eingestellt wurden und in Führungspositionen aufgestiegen sind.
ISBN-13 (Impresion) | 9783736975910 |
ISBN-13 (E-Book) | 9783736965911 |
Idioma | Deutsch |
Numero de paginas | 592 |
Laminacion de la cubierta | mate |
Edicion | 1. |
Lugar de publicacion | Göttingen |
Fecha de publicacion | 01.04.2022 |
Clasificacion simple | Libro de divulgacion |
Area |
Historia actual y contemporanea
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Palabras claves | Geheime Feldpolizei, Polizei, Gestapo, Kriminalpolizei, militärische Abwehr, Feldpolizeichef, Heeresfeldpolizeichef, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Wehrmacht, Oberkommando der Wehrmacht, Oberkommando des Heeres, Drittes Reich, Sowjetunion, Frankreich, Belgien, Niederlande, Italien, Griechenland, Balkan, Nordafrika, Dänemark, Norwegen, Finnland, Partisanenbekämpfung, Wehrmachtsjustiz, Einsatzgruppe, Feldgendarmerie, Heeresstreifendienst, Wehrmachtsstreifendienst, Feldjäger, SS, Ordnungspolizei, Sicherheitspolizei, Sicherheitsdienst, Reichssicherheitsdienst, Reichssicherheitshauptamt, militärische Kommandobehörde, Sicherungsdivision, Heeresgruppe, Armeeoberkommando, Deutsches Reich, rückwärtiges Heeresgebiet, Wehrbereichskreise, Secret Field Police, police, criminal police, military defence, field police, field police chief, army field police chief, war crimes, crimes against humanity, high command of the Wehrmacht, Third Reich, partisan combat, army patrol, Militärtribunal, military tribunal, Deportation, Kriegsgefangene, prisoners of war, Kriegsstrafverfahrensordnung, Code of Criminal Procedure for War, Konzentrationslager, concentration camp |
Forschungsarbeit zur Geheimen Feldpolizei
Eberhard Stegerer, Die Geheime Feldpolizei im „Dritten Reich“ 1939 – 1945 – Sicherheits- und Abwehrpolizei der Wehrmacht und deren Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit 1941–1944 in der Sowjetunion u.a., Cuvillier Verlag 2022, 590 S., Softcover, 89,88 Euro.
Mit der Monographie zur Geheimen Feldpolizei (GFP) schließt Stegerer eine wichtige Forschungslücke der deutschen Kriegs- und Nachkriegsgeschichte. Ähnlich der Wehrmacht umgab die Rolle der GFP lange Zeit der Mantel des Schweigens, Verdrängens und Vergessens und mussten die zahlreich verübten Gräueltaten mühsam in Fokus der Öffentlichkeit gebracht werden, was leider oftmals erst in einer historischen Betrachtung gelang, so dass die Geheime Feldpolizei wie auch die Wehrmacht nach Kriegsende vom „Internationalen Militärtribunal“ nicht als „verbrecherische Organisation“ eingestuft wurden und die Täter der GFP zumindest in Westdeutschland unbehelligt blieben. Dies ungeachtet der Tatsache, dass zahlreiche Belege für die verübten Kriegsverbrechen vorhanden waren und eine Anklage wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit bei den Kriegsverbrecherprozessen in Nürnberg erfolgte. Zwar nahm 1958 die im gleichen Jahr gegründete „Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen“ ihre Arbeit auf und entlarvte nach und nach das Bild der „sauberen Wehrmacht“ als Mythos – auch durch ihre Untersuchungen zur GFP. Doch führte dies trotz der Ermittlungen auch gegen Angehörige der GFP nicht zu entsprechenden Verurteilungen.
Bereits zu Beginn des Werkes werden durch die Darstellung der Niederschriften des Feldpolizeisekretärs Schmidt, den Auftrag der und die Personalgewinnung für die GFP deutlich, dass von der GFP zu verantwortende Kriegsverbrechen weiter verbreitet sein mussten als gemeinhin angenommen. So stellt der Autor fest, dass der ursprüngliche Auftrag, im Wesentlichen die Bekämpfung von Spionage und Sabotage und sonstiger Störung der Kriegsführung „... beim Aufbau der Wehrmacht nach 1935 so nicht mehr zutreffend [war]. ... die GFP ... die Tätigkeit der Gestapo im Rahmen der Wehrmacht auf allen Gebieten fortsetzen sollte.“ Mit Darlegung des Forschungsstandes macht Stegerer deutlich, dass „... die GFP wie auch die Feldgendarmerie, als nicht hinreichend erforscht gelten ...“ und formuliert infolge dessen das Ziel seiner Arbeit: Die Aufklärung der Organisation „Geheime Feldpolizei“ und ihre Rolle im zweiten Weltkrieg, insbesondere die Vorschriftenlage nach dem erfolgten Einmarsch in Österreich, die Einbettung der GFP in das NS-Herrschaftssystem in Abgrenzung zu anderen Organisationen, die Entwicklung der GFP während des zweiten Weltkriegs und die Frage, inwieweit die GFP an Kriegsverbrechen beteiligt war und wie diese in der Nachkriegszeit aufbereitet wurden.
Im zweiten Kapitel wird die GFP im Verlauf des zweiten Weltkriegs in ihrer wechselvollen Entwicklung chronologisch betrachtet und in ihrem Verhältnis zu anderen Organisationen wie dem Reichssicherheitsdienst aber auch sonstiger polizeilicher Organisationen abgegrenzt. Dabei wird deutlich, dass die Entwicklung der GFP von zahlreichen Aspekten – nicht zuletzt dem Kriegsverlauf – beeinflusst war. Das Kapitel schließt mit einer Betrachtung der Einsätze der GFP bei den Feldzügen gegen Polen und Frankreich.
Dem Einsatz im Krieg gegen die Sowjetunion und auf anderen besetzten Gebieten ist ein eigenes Kapitel gewidmet, sowohl dem historischen Verlauf folgend aber auch aufgrund der Tatsache, dass sich der Einsatz in diesem Kontext fundamental von den zuvor dargestellten Einsätzen z. B. hinsichtlich der Partisanenbekämpfung unterschied und es hier in erheblicherem Maße zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen durch die GFP kam.
Stegerer arbeitet weiterhin heraus, dass die GFP gegen Ende des Krieges zunehmend zur Stabilisierung der NS-Kriegsherrschaft gegen Deserteure eingesetzt wurde und zur großen Anzahl zum Tode verurteilter Wehrmachtsangehöriger beitrug. Die Betrachtung der juristischen Aufbereitung der NS-Terrorherrschaft schließlich erfolgt ebenso gewissenhaft wie die vorherigen Arbeiten und lassen deutlich einen mangelnden Strafverfolgungswillen, in dessen Folge ehemalige Führungskräfte der GFP nach Kriegsende wieder in deutschen Polizei- und Verfassungsschutzbehörden in Bund und Ländern tätig wurden und z. T. höherrangige Positionen einnahmen, erkennen. Mit den gewonnenen Erkenntnissen zur Wiederverwendung ehemaliger GFP-Führungskräfte ergänzt der Autor bereits vorliegende Forschungsergebnisse und beleuchtet ein Stück unrühmlicher deutscher Nachkriegsgeschichte.
Dem Autor ist es in bewundernswerter Weise gelungen, aus der Vielzahl zur Verfügung stehender und dennoch oftmals nur bruchstückhaft Zeugnis gebender Quellen, die GFP in ihrem beständigen Wandel während des zweiten Weltkrieges akribisch nachzuvollziehen und trotz weiterhin bestehender Lücken ein weitgehend geschlossenes Bild von der Organisation, ihren Angehörigen, ihrer Entwicklung, Verantwortung und Stellung im NS-Herrschaftssystem sowie ihren im Kriegsverlauf und in den einzelnen Einsatzorten wechselhaften Aufträgen nachzuzeichnen.
Er leistet damit einen erheblichen Beitrag zur weiteren Aufklärung der Kriegsgeschehnisse seit 1939 aber auch der deutschen Nachkriegszeit, der zum Verständnis historisch gewachsener und bis in die Gegenwart wirksamer Konfliktlinien in der deutschen Gesellschaft beitragen.
Rezension von Joachim Faßbender
In: Kriminalistik (2023) 7 vom Juli 2023