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Beitrag zur Charakterisierung anthocyanhaltiger Alterungsprodukte in Buntsäften

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Beitrag zur Charakterisierung anthocyanhaltiger Alterungsprodukte in Buntsäften

Peter Quast (Autor)

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ISBN-13 (Printausgabe) 3867276196
ISBN-13 (Printausgabe) 9783867276191
ISBN-13 (E-Book) 9783736926196
Sprache Deutsch
Seitenanzahl 214
Umschlagkaschierung glänzend
Auflage 1 Aufl.
Band 0
Erscheinungsort Göttingen
Promotionsort Braunschweig
Erscheinungsdatum 13.06.2008
Allgemeine Einordnung Dissertation
Fachbereiche Chemie
Schlagwörter Anthocyane, Polyphenole, Fruchtsaft, Polymere, Cielab, Antioxidantien, Alterung.
Beschreibung

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit Alterungsvorgängen in anthocyanhaltigen Fruchtsäften (Buntsäften).
Die wichtigsten Ziele dieser Arbeit waren die Bestimmung des Gehaltes an gealterten, polymeren
Pigmenten und die chemische Charakterisierung dieser Verbindungen. In diesem Zusammenhang
wurden die Veränderungen der zur Charakterisierung herangezogenen Parameter während
der Herstellung und Lagerung untersucht. Die Charakterisierung umfasste auch die optischen
Eigenschaften dieser Verbindungen. Zusätzlich zu den polymeren Alterungsprodukten wurden die
Carboxypyranoanthocyane als monomere, durch Alterungsvorgänge gebildete Pigmente, untersucht.
Für diese Untersuchungen standen verschiedene Produkte aus Weintrauben, Schwarzen Johannisbeeren,
Sauerkirschen, Erdbeeren, Holunderbeeren und Brombeeren zur Verfügung.
Die Bestimmung des Gehaltes an polymeren Pigmenten erfolgte mittels HSCCC. Hierzu wurden die
phenolischen Bestandteile der Säfte und Konzentrate zunächst mittels XAD-7-Festphasenextraktion
isoliert. Die so gewonnenen Extrakte wurden einer HSCCC-Trennung unterzogen. Aufgrund der hohen
Polarität der polymeren Verbindungen konnten sie in der ersten Fraktion (Durchbruchsfraktion)
isoliert und gravimetrisch quantifiziert werden. Überprüfung mittels Dialyse und Ultrafiltration zeigte,
dass die Durchbruchsfraktion fast ausschließlich polymere Verbindungen enthält. Somit erlaubte
die HSCCC die Bestimmung des Polymergehaltes mit einer guten Reproduzierbarkeit. Anhand der
auf diesem Wege erhaltenen Daten konnten die Veränderungen des Polymergehaltes während Herstellung
und Lagerung gut dokumentiert werden. Ein weiterer Vorteil dieser Methode war die hohe
Ausbeute an aufgereinigten Polymeren und monomeren Anthocyanen, die so für weitere Untersuchungen
zur Verfügung standen.
Der Polymergehalt wurde unter anderem von frischen Früchten, Säften und Konzentraten der unterschiedlichen
Fruchtsorten bestimmt. Im Fall der Schwarzen Johannisbeere stand Probenmaterial aus
verschiedenen Herstellungs- und Lagerungsstufen derselben Charge zur Verfügung. Des Weiteren
konnten drei verschiedene, unterschiedlich lang gelagerte, sortenreine Traubensäfte (Spätburgunder,
Dunkelfelder und Rotberger) untersucht werden. Grundsätzlich konnte gezeigt werden, dass der
Polymergehalt von frischen Früchten im Vergleich zu verarbeiteten und gelagerten Säften deutlich
geringer ist. Nicht verarbeitete Früchte weisen einen Polymergehalt von unter 25 % auf. Bei verarbeiteten
Säften und Konzentraten ist der Gehalt an polymeren Pigmenten in der Regel höher. Hier war
allerdings ein erheblicher Einfluss der technologischen Parameter bemerkbar. So konnte am Beispiel
der Schwarzen Johannisbeere gezeigt werden, dass eine technisch veraltete Konzentratanlage im
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Vergleich zu einem modernen Modell einen deutlich höheren Polymergehalt verursacht. Das auf der
älteren Anlage hergestellte Produkt wies einen Polymergehalt von über 60 % auf und war somit in
Bezug auf das chemische Alter mit einem ein Jahr gelagerten Saft vergleichbar. Ein Anstieg des
Polymergehaltes während der Herstellung ist aufgrund der vielen kaum kontrollierbaren chemischen
Prozesse im zerkleinerten Fruchtmaterial bei der Herstellung nicht zu vermeiden. Allerdings sollte
eine sorgfältige Auswahl der Prozessparameter zu einer schonenden Herstellung und somit zum Erhalt
des originären Anthocyan- und Phenolspektrums beitragen.
Die weiteren Ergebnisse machten deutlich, dass die Lagerung einen wesentlich höheren Einfluss auf
den Polymergehalt hat, als die eigentliche Herstellung. Innerhalb von 20 Monaten steigt der Polymergehalt
bei Lagerung im Dunkeln bei Raumtemperatur auf über 60 % an.
Die Bestimmung des Polymergehaltes mittels HSCCC funktioniert sehr zuverlässig, ist allerdings für
den Einsatz in der Routineanalytik zu aufwändig. Daher wäre eine photometrische Schnellmethode,
die bei Wareneingangskontrollen eingesetzt werden kann, wünschenswert. Zu diesem Zweck wurde
überprüft, in wieweit sich die Methode zur Bestimmung des “Monomerindex” für die Bestimmung
des Polymergehaltes modifizieren lässt. Es zeigte sich, dass die Methode zwar im begrenzten Maße
Aussagen über das chemische Alter von anthocyanhaltigen Produkten zulässt, der genaue Polymergehalt
kann aber nicht aus den Ergebnissen abgeleitet werden.
Zur chemischen Charakterisierung der gefärbten Polymere wurde der Gesamtphenolgehalt photometrisch
nach Folin-Ciocalteu bestimmt und die Phenole selbst mittels säurekatalysierter Degradation
in Gegenwart von Nucleophilen (Phloroglucinol, Benzylmercaptan) in Hinblick auf ihren mittleren Polymerisationsgrad
analysiert. Des Weiteren wurden die Kohlenhydratbestandteile charakterisiert und
der Proteinanteil bestimmt. Um weitere Informationen über die Zusammensetzung der Polymere zu
erhalten, wurden mit einigen Polymerfraktionen MALDI-TOF-MS-Analysen durchgeführt.
Der Gesamtphenolgehalt der Polymerfraktionen liegt zwischen 21 % und 50 . Die Gehalte in den
Polymerfraktionen sind grundsätzlich niedriger als in den korrespondierenden XAD-7-Extrakten. Somit
konnte anhand dieses Summenparameters belegt werden, dass in den polymeren Pigmenten
neben phenolischen Verbindungen weitere Substanzklassen vertreten sein müssen. Erdbeeren, Holunderbeeren
und Sauerkirschen weisen mit ca. 30 % geringere Gesamtphenolgehalte auf als Weintrauben,
Schwarze Johannisbeeren oder Brombeeren (ca. 40 %). Wesentliche Veränderungen in
Bezug auf den Phenolgehalt konnten mit dieser Methode während der Lagerung nicht festgestellt
werden. Allerdings zeigten die Ergebnisse von 1H-NMR-Experimenten, dass der Gehalt an Phenolen
während der Verarbeitung und Lagerung ansteigt.
Anhand der Bestimmung des mittleren Polymerisationsgrades konnte gezeigt werden, dass unabhängig
von der Fruchtsorte die beteiligten Flavan-3-ole ausschließlich aus di- und trihydroxylierten
Verbindungen (Epi-/Catechin, Epi-/Gallocatechin) bestehen, wobei die sterochemisch auf Epicatechin
basierenden Flavan-3-ole häufiger vorkommen. Galloylierte Flavan-3-ole konnten nicht nachge
wiesen werden. Anthocyan-Tannin-Addukte sind nach der Spaltungsreaktion mittels HPLC-ESI-MS
nachweisbar, sind aber quantitativ ohne Bedeutung. Die ermittelten Polymerisationsgrade (Kettenlängen)
lagen zwischen ca. 2 und ca. 20. Während der Lagerung kommt es zu starken Schwankungen
des nDP. Allerdings ist eine Tendenz zu niedrigeren Kettenlängen zu erkennen. Dies ist entweder
auf eine tatsächliche Verkleinerung der Tanninstrukturen zurückzuführen oder aber auf eine zunehmende
Komplexität der Polymere. Letzteres könnte dafür sorgen, dass aufgrund sterischer Effekte
trotz gleich bleibender Kettenlänge nur noch Teile der Ketten für die Spaltungsreaktion zur Verfügung
stehen.
Die Untersuchung der an den Polymeren beteiligten Kohlenhydrate mittels HPAEC nach Hydrolyse
ergab, dass Reste von im Produkt enthaltenen Zellwandbestandteilen an den polymeren Strukturen
beteiligt sind. Als Monosaccharide wurden Arabinose, Glucose, Rhamnose, Galactose und Xylose
nachgewiesen. Des Weiteren war in allen Proben Galacturonsäure vorhanden. Dies beweist, dass
im Saft kolloidal vorliegende Hemicellulosen und Pektine in die Polymerstrukturen eingebaut werden.
Der hydrolysierbare Anteil dieser Verbindungen beträgt ca. 6 – 7 %. Da diese polymeren Verbindungen
von Anfang an im Produkt vorhanden sind, ist anzunehmen, dass sie zur Entstehung der
polymeren Pigmente maßgeblich beitragen. Als weitere schon originär vorhandene Polymere konnten
Proteine in den Produkten nachgewiesen werden. Der Proteingehalt wurde mittels Elementaranalyse
über den Stickstoffgehalt näherungsweise berechnet. In allen Polymeren sind Proteine in
unterschiedlichen Mengen nachweisbar. Die Gehalte lagen zwischen 2,4 % und 16,6 %, wobei Sauerkirschen
im Mittel die geringsten und Erdbeeren die höchsten Gehalte aufwiesen. Während der
Lagerung kommt es zu starken Schwankungen des Proteingehaltes. Dennoch ergaben sich Hinweise
darauf, dass der Proteinanteil in den gefärbten Polymeren anteilig sinkt.
Als weitere Merkmale der polymeren Pigmente wurde die antioxidative Kapazität mittels TEAC-Test
und der mit SO2 nicht bleichbare Anteil bestimmt. Auf diesem Weg konnten Veränderungen in der
Reaktivität während Herstellung und Lagerung dokumentiert werden. Die antioxidative Kapazität der
Polymerfraktion lag zwischen 1,1 und 3,5 mmol Trolox/g. Dies entspricht ca. 30 – 50 % der Aktivität
von Ascorbinsäure und ca. 40 – 75 % der Aktivität von Cyanidin-3-glucosid. Die Polymeren weisen
also noch eine deutliche antioxidative Aktivität auf. Während der Lagerung kommt es nicht zu nennenswerten
Veränderungen.
Im Gegensatz zur antioxidativen Aktivität konnten mit Hilfe des nicht bleichbaren Anteils sehr deutliche
Unterschiede zwischen Früchten, verarbeiteten Produkten und gelagerten Produkten aufgezeigt
werden. Der nicht bleichbare Anteil des gesamten XAD-7-Extrakts ist bei allen Früchten noch
sehr gering (< 20 %). Bei einer schonenden Verarbeitung ändert sich dieser Wert nicht wesentlich.
Die Polymerfraktionen lassen sich grundsätzlich deutlich schlechter bleichen als die Gesamtextrakte.
Während der Lagerung steigt der nicht bleichbare Anteil sowohl beim XAD-7-Extrakt als auch bei der
Polymerfraktion an. Nach 24-monatiger Lagerung beträgt der nicht bleichbare Anteil des gesamten
Extrakts bei Traubensäften über 50
, bei Schwarzem Johannisbeersaft 30 %. Die Werte von Polymerfraktion
und Extrakt gleichen sich während der Lagerung an, wobei der nicht bleichbare Anteil
der Polymerfraktion sich weitaus langsamer verändert. Hier wurde deutlich, dass die polymeren Pigmente
wesentlich farbstabiler sind als die originären Anthocyane.
Zur weiteren Charakterisierung wurden die optischen Eigenschaften der Polymere und der XAD-7-
Extrakte mit Hilfe des CIELab-Systems analysiert und die optischen Schwellenwerte ermittelt. Hier
zeigte sich der große Einfluss der Lagerdauer auf die Farbe. Sowohl der Bunttonwinkel als auch die
Brillanz verändern sich erheblich während der Lagerung. Die Brillanz nimmt ab, der Farbtonwinkel
verändert sich. Insgesamt werden die Produkte heller und verlieren somit ihre typische Farbe. Wie
auch beim nicht bleichbaren Anteil ähneln sich mit fortgeschrittener Lagerdauer der XAD-7-Extrakt
und die Polymerfraktion mehr und mehr. Die Polymere selbst verändern sich nur wenig. Es wurde
deutlich, dass bereits nach einem Jahr Lagerung die Polymere den größten Beitrag zu Gesamtfarbe
eines Saftes oder Konzentrats liefern. Die optischen Schwellenwerte gemäß dem Farbaktivitätskonzept
nach Hofmann [1998a,b] zeigten deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen
Fruchtsorten. Erdbeerpolymere wiesen mit deutlichem Abstand die geringste Farbaktivität auf. Mit
3,1 mg/L lag der Schwellenwert wesentlich höher als bei den anderen Früchten. Bis auf Holunder
wiesen die anderen Früchte Schwellenwerte von ca. 1 mg/L auf. Holunderpolymere hingegen haben
einen Schwellenwert von unter 0,5 mg/L . Somit kann durch den Zusatz von Holunderprodukten
zu farbschwachen Säften ein farbstabilisierender Effekt erzielt werden, da die Polymere relativ alterungsstabil
sind.
Zusätzlich zu den polymeren Produkten der chemischen Alterung stellte sich als Ziel dieser Arbeit
die Untersuchung der Proben auf das Vorhandensein monomerer Alterungsprodukte. Es konnten
in gelagerten Säften nach Anreicherung mittels HSCCC unabhängig von der Fruchtsorte Carboxypyranoanthocyane
nachgewiesen werden. Diese Addukte aus Anthocyanen und Brenztraubensäure
waren bislang primär in Rotwein nachgewiesen worden, da dort während der Gärung deutliche Mengen
an Pyruvat als Stoffwechselintermediat entstehen. Allerdings waren die in den Säften gefundenen
Gehalte für eine quantitative Bestimmung zu gering. Zur weiteren Charakterisierung wurden
daher diese Verbindungen synthetisch hergestellt. So konnten aus allen Säften mittels HPLC-DAD
bzw. -ESI-MS spektrale bzw. massenspektrometrische Daten zu den Carboxypyrano-Derivaten der
jeweiligen Hauptanthocyane erhalten werden. Einige Vertreter dieser Substanzklasse konnten nach
einer Anreicherung mittels HSCCC nach der Synthese durch präparative HPLC soweit aufgereinigt
werden, dass NMR-Spektren aufgenommen werden konnten. Des Weiteren konnte aufgrund der
geringen Menge und der geringen Farbaktivität ausgeschlossen werden, dass die Carboxypyranoanthocyane
einen relevanten Farbbeitrag in gelagerten Säften leisten können.
Die polymeren Alterungsprodukte konnten quantifiziert und charakterisiert werden. Es konnten sowohl
Veränderungen während der Lagerung dokumentiert werden als auch Rückschlüsse auf die Zu
sammensetzung gezogen werden. Des Weiteren wurden Carboxypyranoanthocyane als monomere
Alterungsprodukte erfasst. Die wesentlichen analytischen Ziele dieser Arbeit wurden somit erreicht.
Allerdings konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht die Frage geklärt werden, in wieweit die gelagerten
Säfte noch die vom Verbraucher aus ernährungsphysiologischer Sicht gewünschten Eigenschaften
haben. Eine Stabilisierung der Farbe erscheint durch gezielten Zusatz von Säften mit farbstabilen
Polymeren wie z.B. Holundersaft möglich. Wichtig ist aber auch die Klärung der Frage, in wieweit
ein gelagerter Saft mit hohem Polymergehalt aus ernährungsphysiologischer Sicht noch mit einem
frisch hergestellten Produkt vergleichbar ist. Dazu besteht dringender Forschungsbedarf, denn eine
stabile Farbe ist nur ein Parameter, wichtiger ist jedoch die Frage, ob durch mit polymeren Verbindungen
stabilisierte Säfte dem Verbraucher nicht ein Produkt angeboten wird, welches eine bessere
Beschaffenheit als die tatsächliche vortäuscht. Es ist zu erwarten, dass die polymeren Verbindungen
deutlich schlechter resorbiert werden als die monomeren Anthocyane. Daher sollte geklärt werden,
ob zu den “charakteristischen Eigenschaften” eines Lebensmittels im Sinne des § 7 Lebensmittelkennzeichnungsverordnung
auch die zu erwartenden physiologischen Eigenschaften zählen. Da diese
Eigenschaften während der Haltbarkeitsdauer erhalten bleiben müssen, wären in diesem Fall die
gängigen Mindesthaltbarkeitsdaten von bis zu zwei Jahren wesentlich zu lang.