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Entscheidungstheoretische Aspekte der Ausbildungs- und Berufswahl von Jugendlichen

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E-Book
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Entscheidungstheoretische Aspekte der Ausbildungs- und Berufswahl von Jugendlichen

Eine empirische Untersuchung zur Rolle unterschiedlicher Entscheidungsstile für den subjektiven Erfolg bei der Ausbildungs- und Berufswahl

Marc Schreiber (Autor)

Vorschau

Inhaltsverzeichnis, Datei (150 KB)
Vorwort, Datei (37 KB)
Leseprobe, Datei (230 KB)

ISBN-13 (Printausgabe) 3865376592
ISBN-13 (Printausgabe) 9783865376596
ISBN-13 (E-Book) 9783736916593
Sprache Deutsch
Seitenanzahl 150
Auflage 1
Band 0
Erscheinungsort Göttingen
Promotionsort Zürich
Erscheinungsdatum 01.12.2005
Allgemeine Einordnung Dissertation
Fachbereiche Psychologie
Beschreibung

Zusammenfassung Dissertation Marc Schreiber (kurz)

Die Untersuchung hat zum Ziel, den komplexen Prozess der Ausbildungs- und Berufswahl von Jugendlichen mit Hilfe der Entscheidungstheorie abzubilden und aufzuzeigen, was für Herangehensweisen zu einer erfolgreichen Ausbildungs- und Berufswahl führen. Der Entscheidungsprozess wird anhand der Konstrukte Entscheidungsstil und Entscheidungsregel abgebildet. Entscheidungsstile beschreiben die generelle Herangehensweise an die Ausbildungs- und Berufswahl. Der Autor unterscheidet zwischen vier verschiedenen Entscheidungsstilen, nämlich zwischen dem Entscheidungsstil Erfahrungen sammeln, dem vermeidenden, dem intuitiven Entscheidungsstil und dem Entscheidungsstil mehrere Möglichkeiten prüfen. Entscheidungsregeln bezeichnen die Art und Weise, wie zwischen zwei oder mehreren Möglichkeiten entschieden wird. Als Indikatoren einer erfolgreichen Ausbildungs- und Berufswahl werden die Zufriedenheit mit der aktuellen Tätigkeit und die Interessen¬kongruenz beigezogen. Anhand eines Strukturgleichungsmodells wird aufgezeigt, dass sowohl der Entscheidungsstil Erfahrungen sammeln als auch der intuitive Entscheidungsstil einen positiven Einfluss auf eine erfolgreiche Ausbildungs- und Berufswahl hat. Daraus können konkrete Vorschläge für die Praxis der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung abgeleitet werden.

Zusammenfassung Dissertation Marc Schreiber (lang)

In der Schweiz müssen sich die Jugendlichen mit ungefähr 15 Jahren entscheiden, ob sie nach der obligatorischen Schulzeit eine Vollzeitschule wie beispielsweise das Gymnasium, oder ob sie eine Berufslehre mit Teilzeitschule in Angriff nehmen wollen. Basierend auf einem einfachen Modell der Ausbildungs- und Berufswahl von Parsons (1909) wird in der vorliegenden Untersuchung der Entscheidungsprozess bei der Ausbildungs- und Berufswahl anhand von entscheidungstheoretischen Überlegungen untersucht. Die Entscheidungstheorie unterscheidet zwischen dem präskriptiven und dem deskriptiven Ansatz. Beim präskriptiven Ansatz stellt man sich die Frage, inwiefern ein Modell den Entschei¬dungsprozess verbessert, nachdem die Entscheidungsträgerin oder der Entscheidungsträger in dem Modell unterwiesen wurde. Der deskriptive Ansatz hingegen beinhaltet eine möglichst genaue Beschreibung des tatsächlichen Entscheidungsprozesses. Die Ausbildungs- und Berufswahl als komplexe Alltagsentscheidung wird in der vorliegenden Arbeit zuerst deskriptiv beschrieben. Dies geschieht anhand einer Stichprobe von 409 Jugendlichen im Alter zwischen 18 und 21 Jahren, die retrospektiv bezüglich ihrer Situation bei der Ausbildungs- und Berufswahl mit 15 Jahren befragt werden. Der Entscheidungsprozess wird anhand der beiden Konstrukte Entscheidungsstil und Entscheidungsregel erfasst.
Entscheidungsstile beschreiben die generelle Herangehensweise an die Ausbildungs- und Berufswahl und betreffen den gesamten Entscheidungsprozess. Bei den Entscheidungsstilen wurden anhand von explorativen und konfirmatorischen Faktorenanalysen vier Faktoren gefunden. Diese werden mit den Entscheidungsstilen von Scott und Bruce (1995) verglichen. Der Entscheidungsstil Erfahrungen sammeln beschreibt eine aktive Herangehensweise, bei der man konkrete Erfahrungen mit dem Beruf oder der Ausbildung macht, bevor man sich dafür entscheidet. Der vermeidende Entscheidungsstil bezeichnet ein Verhalten, bei welchem man sich nicht viele Gedanken über die Ausbildungs- und Berufswahl macht und auch keine Informationen einholt. Der intuitive Entscheidungsstil beschreibt einen Entscheidungsprozess, bei dem aufgrund von Emotionen entschieden wird. Des Weiteren wurde der Entscheidungsstil mehrere Möglichkeiten prüfen gefunden. Während die einen sich bei der Ausbildungs- und Berufswahl auf eine Möglichkeit konzentrieren, prüfen die anderen mehrere Möglichkeiten und wägen diese gegeneinander ab. Jugendliche, welche mehrere Möglichkeiten in Betracht ziehen, müssen sich irgendwann für eine entscheiden.
Entscheidungsregeln bezeichnen die Art und Weise, wie zwischen zwei oder mehreren Möglichkeiten entschieden wird. Bei der Erwartungsnutzen-Regel wird für alle in Frage kommenden Möglichkeiten ein Nutzenwert generiert und die Möglichkeit, welche den höchsten Nutzenwert und die höchste Realisierungswahrscheinlichkeit erreicht, wird gewählt. Die Eliminations-Regel beschreibt ein Vorgehen, bei dem Möglichkeiten, die bei einem Kriterium eine bestimmte Toleranzbreite nicht erreichen, direkt ausgeschlossen werden. Auf diese Weise kann eine grosse Anzahl von Möglichkeiten relativ schnell auf einige wenige reduziert werden. Bei der Satisficing-Regel werden verschiedene Möglichkeiten geprüft, bis eine Möglichkeit gefunden wird, die auf allen wichtigen Kriterien zufrieden stellende Werte erreicht. Diese Möglichkeit wird dann direkt gewählt. Aufgrund der Komplexität konnten bei den Entscheidungsregeln nur einzelne Komponenten, nicht aber die Regeln als Ganze erfasst werden. Diese Komponenten können zwar den Entscheidungsprozess beschreiben, liefern aber keine Grundlage für weitere statistische Analysen.
Nach der deskriptiven Abbildung des Entscheidungsprozesses werden zwei Indikatoren einer erfolgreichen Ausbildungs- und Berufswahl miteinbezogen. Dadurch erhält die Arbeit eine präskriptive Perspektive. Anhand der Zufriedenheit mit der aktuellen Tätigkeit und der Kongruenz zwischen den beruflichen Interessen und der aktuellen Tätigkeit wird der Verlauf der Ausbildungs- und Berufswahl evaluiert und untersucht, was für Entscheidungsstile zu einer erfolgreichen Ausbildungs- und Berufswahl führen. Gemäss der Person-Umwelt Passungstheorie nach Holland (1959, 1997) hat die Interessenkongruenz einen Einfluss auf die Zufriedenheit mit der Tätigkeit. Dadurch hat die Interessenkongruenz neben ihrer Funktion als Indikator einer erfolgreichen Ausbildungs- und Berufswahl zusätzlich die Funktion einer Mediatorvariable, die den Einfluss der Entscheidungsstile auf die Zufriedenheit mit der aktuellen Tätigkeit mediiert. Die postulierten Zusammenhänge werden anhand eines Strukturgleichungsmodells abgebildet und überprüft. Dabei ergaben sich folgende Hauptbefunde.
Auf die Zufriedenheit mit der aktuellen Tätigkeit wirkt sich vor allem der Entscheidungsstil Erfahrungen sammeln positiv aus. Jugendliche, welche konkrete Erfahrungen mit ihrem Beruf oder ihrer Ausbildung gemacht haben, bevor sie sich dafür entschieden haben, sind zufriedener mit ihrer aktuellen Tätigkeit als solche, die ihre Entscheidung nicht auf der Basis von konkreten Erfahrungen getroffen haben. Beim intuitiven Entscheidungsstil ist ein positiver indirekter Effekt über die Interessenkongruenz auf die Zufriedenheit mit der aktuellen Tätigkeit auszumachen. Der indirekte Effekt der Entscheidungsstile kommt deswegen zu Stande, weil die Interessenkongruenz erwartungsgemäss einen positiven Einfluss auf die Zufriedenheit mit der Tätigkeit hat. Wer bei der Ausbildungs- und Berufswahl mehrere Möglichkeiten in Betracht gezogen hat, ist in der untersuchten Stichprobe der Jugendlichen etwas weniger zufrieden mit der aktuellen Tätigkeit. Der Entscheidungsstil mehrere Möglichkeiten prüfen hat jedoch einen positiven Einfluss auf die Interessenkongruenz. Der vermeidende Entscheidungsstil hat weder einen Einfluss auf die Zufriedenheit noch auf die Interessenkongruenz. Insgesamt erklären die Entscheidungsstile 20% der Varianz der Zufriedenheit mit der Tätigkeit, jedoch nur 4% der Varianz der Interessenkongruenz. Die Interessenkongruenz ihrerseits erklärt zusätzlich 14% der Zufriedenheit mit der Tätigkeit.
Aus der Arbeit können konkrete Vorschläge für die Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung abgeleitet werden. Neben einer systematischen Vorgehensweise, die eine umfassende Informationsbeschaffung und deren logische Verarbeitung beinhaltet, sollte in der Beratung auch auf den intuitiven Aspekt beim Treffen einer Entscheidung Rücksicht genommen werden. Es hat sich gezeigt, dass auch dieser zu einer erfolgreichen Ausbildungs- und Berufswahl führen kann. Es wird vermutet, dass der intuitive Entscheidungsstil aufgrund der innovativen und kreativen Komponente eine wichtige alternative Sichtweise darstellt, die dazu führt, dass man den komplexen Prozess immer wieder aus verschiedenen Perspektiven heraus betrachtet. Die konkreten Vorschläge können Jugendliche, die sich im Prozess der Ausbildungs- und Berufswahl befinden, unterstützen, indem sie aufzeigen, was für Vorgehensweisen vielversprechend sind für einen erfolgreichen Verlauf.