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Langfristige Auswirkungen von Rehabilitationssport nach Schlaganfall auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität und Freizeitaktivität von Schlaganfall-Betroffenen

Printausgabe
EUR 21,00 EUR 19,95

E-Book
EUR 14,70

Langfristige Auswirkungen von Rehabilitationssport nach Schlaganfall auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität und Freizeitaktivität von Schlaganfall-Betroffenen

Lenka Richter (Autor)

Vorschau

Leseprobe, PDF (97 KB)
Inhaltsverzeichnis, PDF (38 KB)

ISBN-13 (Printausgabe) 9783954042708
ISBN-13 (E-Book) 9783736942707
Sprache Deutsch
Seitenanzahl 114
Umschlagkaschierung matt
Auflage 1. Aufl.
Erscheinungsort Göttingen
Promotionsort Tübingen
Erscheinungsdatum 14.11.2012
Allgemeine Einordnung Dissertation
Fachbereiche Humanmedizin
Schlagwörter Praktische Medizin, Innere Medizin, Schlaganfall, körperliche Aktivität, Rehabilitation, Lebensqualität, Sport, Freizeit
Beschreibung

Ein Schlaganfall bedeutet für die Betroffenen häufig eine Zäsur im Leben: Ab diesem Zeitpunkt müssen die meisten mit bleibenden körperlichen Behinderungen leben und sind zusätzlich abhängig von der Hilfe anderer bei der Verrichtung ihrer Alltagstätigkeiten. Darüber hinaus stellt der Schlaganfall auch für die Gesellschaft eine enorme sozioökonomische Herausforderung dar.

In der vorliegenden Studie wurde betrachtet, ob der Rehabilitationssport nach Schlaganfall einen sinnvollen Beitrag zur rehabilitativen Betreuung von chronischen Schlaganfall-Betroffenen bieten kann. Hierfür wurden die gesundheitsbezogene Lebensqualität und die Freizeitaktivitäten der Schlaganfall-Betroffenen, die 24 Monate regelmäßig an diesen Rehabilitationssportgruppen teilnahmen, und einer Kontrollgruppe, die ein solches Angebot nicht wahrnahm, über einen Zeitraum von 8 Jahren dreimal untersucht.

Als Messinstrumente dienten der Short Form (SF)-36 Health Survey zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und ein zu Beginn der Studie entworfener Fragebogen zu sozialer Situation und Freizeitaktivitäten. Von den insgesamt 120 rekrutierten Teilnehmern bei der Erstuntersuchung beendeten nach 8 Jahren schließlich 33 Probanden die Follow-Up-Phase mit allen drei Befragungen. Davon gehörten 16 Teilnehmer der Sportgruppe und 17 Teilnehmer zur Kontrollgruppe an.

Ein Schlaganfall führte fast regelmäßig bei beiden Gruppen zu einem Aktivitätseinbruch in den körperlich aktiven und sozialen Freizeitaktivitäten. Besonders eindrucksvoll ist dies in der Kategorie „Sporttreiben“ zu sehen, wo die Kontrollgruppe nicht nur direkt nach dem Schlaganfall eine starke Beeinträchtigung erfährt, sondern auch auf lange Sicht diese nicht mehr kompensieren kann. Von 47,1 % der Kontrollgruppen-Teilnehmer, die vor dem Schlaganfall regelmäßig, mindestens einmal die Woche bis fast täglich Sport betrieben, reduzierte sich der Anteil bei Messung 1 auf gerade mal 7,1%. Die Sportgruppe wiederum konnte diesen Aktivitätseinbruch beim Sport durch die Teilnahme am Rehabilitationssport (100%) von Anfang an sehr gut umgehen. Ähnlich ist dies bei den sozialen Freizeitaktivitäten nach dem Schlaganfall. Auch hier zeigt die Kontrollgruppe langfristig starke Rückzugstendenzen, während die Sportgruppe zwar einen Aktivitätsrückgang verzeichnet, dieser sich aber bei weitem nicht so dramatisch entwickelt wie bei der Kontrollgruppe.

Wichtig ist diese Beobachtung vor dem Hintergrund, dass die ersten 12 Monate nach einem Schlaganfall das höchste rehabilitative Potential beinhalten. Während die Sportgruppe dieses Potential durch Teilnahme am Rehabilitationssport nutzt, zieht sich die Kontrollgruppe in der gleichen Zeit körperlich, aber teilweise auch sozial immer mehr zurück.

Aber auch auf lange Sicht scheinen die Teilnehmer vom Rehabilitationssport nach Schlaganfall zu profitieren: selbst 8 Jahre nach dem Schlaganfall sind sie mit bis zu 93,8 % regelmäßig, mindestens einmal die Woche sportlich aktiv. Wenn man diesen Wert mit dem vor dem Schlaganfall vergleicht (43,8%), deutet dies bei der Sportgruppe auf eine nachhaltige Lebensstiländerung hin. Diese positiven Ergebnisse kann die Kontrollgruppe bei weitem nicht vorweisen: bei Messung 5 sind es gerade mal 23,6 % der Teilnehmer, die noch regelmäßig, einmal wöchentlich bis täglich sportlich aktiv sind, im Vergleich zu 47,1% von vor dem Schlaganfall.

Bei der gesundheitsbezogenen Lebensqualität kann man eine ähnliche, fast gegensätzliche Entwicklung der beiden Gruppen verzeichnen. Die Kontrollgruppe erzielt für den gesamten 8-jährigen Untersuchungszeitraum nur bei der körperlichen Rollenfunktion eine, wenn auch nur marginale, Verbesserung und muss bei den restlichen 7 Einzeldimensionen und beiden Summenskalen des SF-36 mit zum Teil gravierenden Verschlechterungen leben. Statistisch signifikant verschlechtert sie sich dabei bei den körperlichen Schmerzen (p= 0,008), der sozialen Funktionsfähigkeit (p=0,053) sowie dem psychischen Wohlbefinden (p=0,009). Die Sportgruppe hingegen kann sich in der gleichen Zeitspanne in 5 Einzeldimensionen und den beiden Summenskalen verbessern, davon bei der psychischen Summenskala statistisch signifikant (p= 0,053). Bei einer Einzeldimension (körperliche Funktionsfähigkeit) bleibt sie konstant. Nur bei 2 Einzeldimensionen, den körperlichen Schmerzen sowie der allgemeinen Gesundheitswahrnehmung kommt es zu einer Verschlechterung.

Dass eine 24-monatige Teilnahme am Rehabilitationssport nach Schlaganfall nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig einen positiven Effekt auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität und die Freizeitaktivität von Schlaganfall-Betroffenen hat, wird durch die nun vorliegenden und die in der Literaturrecherche gefundenen Ergebnisse unterstützt. So scheint der Rehabilitationssport nach Schlaganfall ein geeignetes Bewegungsangebot zu sein, um zum einen das hohe rehabilitative Potential der ersten Zeit nach dem Schlaganfall sinnvoll auszuschöpfen und zum anderen dem durch die körperliche Behinderungen meist ausgelösten sozialen Rückzug entgegenzuwirken. Außerdem scheint er neben einer positiveren Entwicklung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität auch zu einer nachhaltigen Lebensstiländerung bei den Teilnehmern zu führen und empfiehlt sich deshalb als mögliches Instrument zur Sekundärprävention.

Natürlich hat die vorliegende Studie Schwächen bezüglich ihrer kleinen Teilnehmerzahl, der fehlenden Verblindung und Randomisierung der Teilnehmer. Deswegen sollte man diese Ergebnisse nicht unkritisch auf die Allgemeinheit der Schlaganfall-Betroffenen übertragen. Es sollten zur Untermauerung dieser Ergebnisse weitere Untersuchungen mit größerer Teilnehmerzahl erfolgen. Auch sollte man neben der Frage, welche Inhalte und Umfänge der Sporttherapie für die Schlaganfall-Betroffenen am günstigsten wären, auch untersuchen, wie lange die Teilnahme am Schlaganfall-Sport sein sollte, um die optimalsten Effekte auf die Betroffenen hinsichtlich deren Lebensqualität, der positiven Lebensstiländerung und der körperlichen Fortschritte zu erzielen.