Viele Wissenschaftler und Doktoranden übersehen, wie entscheidend die Lizenzwahl für die spätere Nutzung ihrer Arbeit ist. Unser Leitfaden zeigt Ihnen praxisnah, wie Sie die Kontrolle über Ihre Rechte behalten und Ihre Forschung optimal verbreiten können.
Die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen in Fachzeitschriften ist ein Eckpfeiler der wissenschaftlichen Karriere. Doch im oft komplexen Dschungel der Verlagsverträge und Lizenzmodelle verlieren viele Wissenschaftler und Doktoranden den Überblick über ihre eigenen Rechte. Gerade wenn es darum geht, den publizierten Artikel später anderweitig zu nutzen – sei es in einem Sammelband, auf einer persönlichen Website oder in einem institutionellen Repository – kann die Wahl der falschen Lizenz weitreichende Folgen haben. Dieser Blogbeitrag beleuchtet die wichtigsten Lizenzmodelle und gibt Ihnen praxisnahe Empfehlungen, wie Sie die Kontrolle über Ihre Rechte behalten und Ihre Forschungsergebnisse maximal verbreiten können.
Traditionell übertragen Autoren bei der Veröffentlichung in vielen wissenschaftlichen Zeitschriften das volle Copyright an den Verlag. Das bedeutet im Klartext: Der Verlag ist der Eigentümer des Artikels und entscheidet über dessen Nutzung. Möchten Sie Ihren eigenen Artikel erneut verwenden oder verbreiten, müssen Sie in der Regel die Genehmigung des Verlags einholen – und oft sogar Gebühren zahlen. Diese Praxis kann die Verbreitung von Wissen behindern und die Weiterverwendung von Forschungsergebnissen erschweren.
In den letzten Jahren wurde jedoch ein Paradigmenwechsel vollzogen. Der Open-Access-Gedanke hat an Bedeutung gewonnen, und viele Verlage bieten mittlerweile alternative Lizenzmodelle an, die Autoren mehr Rechte einräumen. Es ist entscheidend, diese Modelle zu verstehen und aktiv jenes zu wählen, das Ihren Bedürfnissen am besten entspricht.
Die gängigsten Lizenzmodelle im Überblick
Um fundierte Entscheidungen treffen zu können, ist es wichtig, die verschiedenen Lizenzmodelle zu kennen.
1. Exklusive Rechteübertragung (Copyright Transfer Agreement)
2. Nicht-exklusive Lizenz
Bei einer nicht-exklusiven Lizenz räumen Sie dem Verlag das Recht ein, Ihren Artikel zu veröffentlichen, behalten aber das Recht, den
Artikel selbst anderweitig zu nutzen und zu verbreiten. Der Verlag darf den Artikel veröffentlichen, aber Sie dürfen ihn auch in anderen Verlagen oder auf anderen Plattformen nutzen.
3. Creative Commons Lizenzen (CC-Lizenzen)
Creative Commons Lizenzen sind ein Bündel von Standardlizenzen, die es Urhebern ermöglichen, der Öffentlichkeit bestimmte Nutzungsrechte an ihren Werken einzuräumen, während sie gleichzeitig die Kontrolle über ihr Urheberrecht behalten. Sie sind im Open-Access-Bereich weit verbreitet und bieten verschiedene Abstufungen. Für Wissenschaftler besonders relevant sind:
Für maximale Rechtebehaltung und Verbreitung ist die CC BY-Lizenz oft die beste Wahl.
Sie ermöglicht es anderen, Ihre Arbeit auf vielfältige Weise zu nutzen, während Sie weiterhin als Urheber genannt werden. Dies fördert die Sichtbarkeit Ihrer Forschung und die Weiterentwicklung des Wissens.
4. Hybrid-Modelle (Green Open Access / Gold Open Access)
Im Kontext der Lizenzwahl sind auch die verschiedenen Open-Access-Modelle relevant:
Um sicherzustellen, dass Sie die Kontrolle über Ihre
Veröffentlichungsrechte behalten, sollten Sie die folgenden Schritte beachten:
1. Informieren Sie sich vor der Einreichung
Bevor Sie Ihren Artikel bei einer Zeitschrift einreichen, prüfen Sie deren Veröffentlichungsrichtlinien und Lizenzmodelle genau. Die meisten seriösen Verlage stellen diese Informationen auf ihren Websites bereit. Achten Sie auf Abschnitte wie “Author Guidelines”, “Copyright and Permissions” oder “Open Access Policy”.
2. Verhandeln Sie den Verlagsvertrag
Viele Autoren nehmen den Verlagsvertrag als gegeben hin. Doch oft gbt es Verhandlungsspielraum, insbesondere bei größeren Forschungsprojekten oder wenn Sie bereits einen Ruf als Autor haben.
3. Wählen Sie die richtige Open-Access-Option
Wenn die Zeitschrift Open Access anbietet, wählen Sie die Option, die Ihnen die größte Kontrolle über Ihre Rechte gibt. In den meisten Fällen ist dies die CC BY-Lizenz. Seien Sie sich der möglichen APCs bewusst, aber sehen Sie sie als Investition in die maximale Verbreitung und Wiederverwendbarkeit Ihrer Forschung.
4. Nutzen Sie Repositorien
Auch wenn Sie in einer Abonnementzeitschrift veröffentlichen, können Sie Ihre Forschung oft über Repositorien frei zugänglich machen (Green Open Access). Prüfen Sie die Richtlinien des Verlags auf Embargofristen und welche Version des Artikels (Preprint, Postprint, Verlags-PDF) Sie hochladen dürfen. SHERPA/RoMEO ist eine nützliche Datenbank, die die Open-Access-Richtlinien von Verlagen und Zeitschriften zusammenfasst.
5. Behalten Sie den Überblick über Ihre früheren Veröffentlichungen
Gerade für etablierte Wissenschaftler ist es wichtig, den Überblick über die Lizenzbedingungen ihrer früheren Veröffentlichungen zu behalten. Dies erleichtert die Entscheidung, ob und wie Sie ältere Artikel in neuen Kontexten (z.B. in einem Lehrbuch oder einem weiteren Sammelband verwenden können.
6. Informieren Sie sich über Förderrichtlinien
Immer mehr Forschungsförderer (z.B. die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG, der Europäische Forschungsrat ERC) haben eigene Open-Access-Richtlinien, die von den geförderten Wissenschaftlern die Veröffentlichung unter bestimmten Lizenzen (oft CC BY) oder die Ablage in Repositorien fordern. Informieren Sie sich frühzeitig über diese Anforderungen, da sie Ihre Lizenzwahl beeinflussen können.
7. Holen Sie sich rechtliche Beratung
Gerade bei komplexen Fällen oder wenn Sie unsicher sind, ist es ratsam, sich rechtlich beraten zu lassen. Universitäten und Forschungseinrichtungen bieten oft Beratungsdienste zu Urheberrecht und Open Access an. Auch Anwälte, die auf Medien- und Urheberrecht spezialisiert sind, können wertvolle Unterstützung leisten.
Die Wahl der richtigen Lizenz bei der Veröffentlichung ist kein bürokratisches Übel, sondern eine strategische Entscheidung, die direkte Auswirkungen auf die Sichtbarkeit und den Impact Ihrer Forschung hat. Indem Sie sich proaktiv informieren, Verlagsverträge kritisch prüfen und gegebenenfalls verhandeln, können Sie sicherstellen, dass Sie die Kontrolle über Ihre wertvollen Forschungsergebnisse behalten.
Die Tendenz geht klar in Richtung offenerer Lizenzmodelle, insbesondere Creative Commons Lizenzen, die eine maximale Verbreitung und Wiederverwendung von Forschungsergebnissen ermöglichen. Nehmen Sie diese Entwicklung zum Anlass, Ihre Veröffentlichungspraxis zu überprüfen und die Weichen für eine offene und zugängliche Wissenschaft zu stellen. Denn am Ende des Tages geht es darum, Wissen zu schaffen und es so vielen Menschen wie möglich zugänglich zu machen – und das beginnt bei der bewussten Entscheidung für die richtige Lizenz